Diözesanrat

Ehemaliger Sprecher des Priesterrats feiert 70. Geburtstag

Ehemaliger Sprecher des Priesterrats feiert 70. Geburtstag

Dekan Paul Magino war viele Jahre Sprecher des Priesterrats in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Foto: Ines Szuck/Diözesanrat

Dekan Paul Magino spricht im Interview anlässlich seines Festtags über seine Entscheidung fürs Priesteramt und die aktuelle Situation der Kirche.

Paul Magino, Leitender Pfarrer und Dekan in Wendlingen am Neckar, hat allen Grund zur Freude, feierte er doch vor kurzem seinen 70. Geburtstag. Ein Alter, das viele nutzen, um Bilanz zu ziehen. Wie war mein Leben? Was hätte ich vielleicht besser anders gemacht? Welche Bilanz Paul Magino rückblickend auf sein Leben zieht und ob er seine Entscheidung, Priester zu werden bereut, verrät er im Interview.

Geboren in einem oberschwäbischen Dorf, wuchs Paul Magino behütet auf. Das Elternhaus mitten im Ort war nicht nur für die Familie ein Treffpunkt, sondern auch für viele Dorfbewohner ein Ort der Begegnung. Der kleine Paul kam schon früh mit der Kirche in Kontakt. Im Kindergarten mit Ordensschwestern vom Kloster Reute, später während der Gymnasialzeit im Bischöflichen Knabenseminar in Leutkirch und im Konvikt in Ehingen, religiös geprägt, mit Gottesdiensten und Hauskapelle. Die Entscheidung, Priester zu werden, traf er jedoch erst viel später.

Sie feiern Ihren 70. Geburtstag. Ein Alter in dem viele gerne Bilanz ziehen. Wie lautet Ihre, wenn Sie auf Ihr bisheriges Leben zurückblicken?

Unterm Strich ist da ein positives Ergebnis in dieser Bilanz. Ich bin vielen Menschen begegnet. Ich konnte viel Gutes tun und wirken, in unterschiedlicher Art und Weise, auf einzelne Menschen, aber auch für das Gesamte der Kirche. Ich bin dankbar für jeden Lebensabschnitt. Auch konnte ich durchaus meine persönlichen Interessen leben. Ich bin ein Mensch, der sehr an Kunst und Kultur interessiert ist. Das konnte und kann ich alles mit meinem Beruf verbinden.

Wann und wie kam es zu der Entscheidung Priester zu werden?

Als Schüler habe ich das Zweite Vatikanische Konzil erlebt. Ich habe nicht verstanden, was die diskutiert haben, aber ich habe gemerkt, da ist etwas in Bewegung. Und ich habe überzeugende Priester kennengelernt, meinen Heimatpfarrer, aber vor allem den Internatsleiter in Ehingen, der später dann auch bei meiner Primiz die Predigt gehalten hat. Das war für mich ein Priester, der mitten im Leben stand. Der mit uns jugendlichen jungen Männern vernünftig umgegangen ist. Das war so ein überzeugender Mann. An ihm konnte ich erleben, dass Priester ein Beruf ist, der mich reizt. Die Entscheidung, Priester zu werden, habe ich dann während meines Auslandssemesters in Wien getroffen.

Haben Sie es je bereut, sich für das Leben als Priester und damit gegen eine eigene Familie entschieden zu haben?

Bereut nicht. Doch habe ich mich im Laufe meines Lebens immer wieder mit der Zölibatsentscheidung auseinandergesetzt. Das erste Mal vor der Diakonenweihe, wo man das Zölibatsversprechen ablegt. Konnte ich mir vorstellen, ohne Familie zu leben - mit damals 24 Jahren gut vorstellbar. Später als die Anfrage einer befreundeten Familie kam, mit der ich sehr eng verbunden war, ob ich Pate ihres Kindes werde, stellte ich mir wieder die Frage, ob ich ohne eigene Kinder leben kann. Auch hier habe ich entschieden, jawohl das kann ich mir vorstellen. Und dann gab es nochmals eine Phase, in der mir bewusst wurde, ich gehe allein durchs Leben. Ich habe keinen Menschen mit dem ich eng, gemeinsam durch das Leben gehe. Und da war sie wieder die Frage, kann ich mir vorstellen, allein alt zu werden. Nach 15 Jahren in der Jugendarbeit - im Verband, in der Diözese, auf Bundesebene - stand für mich die Entscheidung an, was mache ich denn auf Dauer. Nach dieser intensiven Phase habe ich nochmals meine Lebensentscheidung angeschaut und geprüft, ob diese auch weiterträgt. Und sie trug und ich wollte sie weiterleben, aber in einer Gemeinde.

Was ist das Besondere an der Gemeinde?

Das Besondere daran ist, dass ich es hier mit allen Generationen zu tun habe. Dass ich hier sehr viele persönliche Begegnungen in Einzelgesprächen, aber auch persönliche Begegnungen in den großen Gottesdiensten habe. Hier kann ich den Menschen helfen, richtige Entscheidungen auf ihrem Lebensweg vorzubereiten und zu treffen. Ich kann sie in schwierigen Situationen auffangen, wenn’s mal nötig ist. Ich kann beratend oder betend tätig sein für die Gemeinde. Das ist nochmals eine andere Art Priester zu sein. Dabei habe ich die Verbindung aus der Gemeinde zur Kirche insgesamt, zur Diözese oder auch zur Kirche in Deutschland nie aufgegeben. Ich war seit dem zweiten Diözesanrat, mit Unterbrechungen, Mitglied vom Priesterrat und vom Diözesanrat. Von 2016 bis 2021 zudem auch Sprecher des Priesterrats. Was mir durch meine langjährige Jugendarbeit deutlich wurde, wir sind vernetzt, wir sind keine Inseln. Wir sind zwar vor Ort dann eine Gemeinde, die in sich lebt, aber sie ist Teil der Ortskirche und wiederum die Ortskirche ist Teil der Weltkirche.

Ist die Gemeinde auch ein stückweit „Familie“ für Sie?

Ja, das kann ich schon sagen. Ich bin hier in der Gemeinde aufgehoben. Ich lebe hier, ich gehöre hier zu Wendlingen, zu Unterboihingen. Hier ist mein Wohnort, mein Lebensort.

Welcher war für Sie der bewegendste Moment Ihres Lebens?

Der bewegendste Moment für mich war die Priesterweihe im Dom in Rottenburg. Dort an den Altarstufen zu liegen, die Gemeinde betet die Allerheiligen Litanei über einen hinweg, also über einen für einen fürbittend. Die ganze Schar der Heiligen wird angerufen, dass das was jetzt hier geschieht, dass das auch gelinge möge. Dass aus diesem „ja“, das ich gesprochen habe, aus dem „ja“, das der Bischof dazu gesprochen hat, dass aus diesem „ja“ dann auch ein Leben lang etwas Tragfähiges wird. Das war für mich mit der bewegendste Moment in meinem Leben.

Gibt es auch Dinge, die Sie ärgern?

Ja. Wenn ich zurückschaue, die Würzburger Synode hat das Diakonat der Frau als Votum nach Rom gegeben, bis heute ist daraus nichts geworden. Wir haben zehn Jahre später in unserer Diözesansynode dieses Votum in Berufung auf Würzburg aufgenommen und ebenfalls nach Rom geschrieben. Wir haben auch noch keine Antwort, bis heute. Und es gibt noch keine Diakonin in unserer Kirche. Das ist etwas, was ich nicht verstehe, weil die Theologie da auch fundiert gearbeitet und gezeigt hat, dass es möglich wäre. Das ist für mich eine Sache, wo ich denke, wir arbeiten langsam in der Kirche, es ist auch wichtig alles zu bedenken, aber es muss auch mal was nach vorne gehen.

Bei all dem Negativen, das man täglich in der Presse über die Kirche lesen kann, was gibt Ihnen die Kraft und auch die Motivation, sich klar und deutlich zur Kirche zu bekennen?

Mir gibt die Kraft mein eigener Glaube. Mir gibt die Kraft die Begegnung mit anderen Menschen. Und ich weiß, an manchen Themen muss man dran bleiben. Bleibe ich dran. Ich gebe nicht auf. Ich lasse mich auch nicht unterkriegen.

Es gab durchaus auch in meinem Leben Punkte, wo ich gesagt habe, ja also jetzt ist eigentlich Schluss. Warum geht’s jetzt nicht endlich mal weiter. Und dann habe ich gedacht: weitermachen, dranbleiben, es lohnt sich. Es lohnt sich diese Botschaft des Evangeliums trotz aller Hindernisse in die Welt hinein zu tragen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Kirche aber auch ganz persönlich für sich?

Ich wünsche der Kirche für die Zukunft, dass sie noch mehr zu den Menschen rankommt, dass die Lebensfragen der Menschen, die Fragen sind, die bestimmend sind. Was sagt das Evangelium heute für unsere gesellschaftliche Situation und für die persönliche Lebenssituation der Menschen. Ich habe in meinem Leben viel erreicht. Das Diakonat der Frau hängt nicht von mir ab, aber das wäre für mich so ein Punkt, wenn ich das noch erleben könnte und ich hoffe, dass ich noch etliche Jahre lebe, dass sich in diesen Jahren noch was tut. Das wäre für mich persönlich etwas, was ich mir wünsche.

Weitere Nachrichten

Deutsche Bischofskonferenz
Stellungnahme: Ständiger Rat der Deutschen Bischofskonferenz zum Bericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin.
Weiterlesen
72-Stunden-Aktion
Weihbischof Matthäus Karrer besucht 72-Stunden-Gruppe in Isny und informiert sich über Foodsharing.
Weiterlesen