Ausstellung

Moderne ins Dorf integriert

Besucher der Ausstellung bewundern das 3D-Modell der Kirche St. Verena.

St. Verena war von Anfang an für die Ausstellung über Nachkriegskirchen gesetzt.

Unter den 1.600 zwischen 1945 und 1980 neu gebauten Kirchen in Baden-Württemberg ist St. Verena im Meckenbeurer Ortsteil Kehlen etwas Besonderes. Die meisten Sakralgebäude entstanden damals in städtischen Neubaugebieten. Dr. Jörg Widmaier vom Landesamt für Denkmalpflege beschrieb am Freitagabend das gut 50 Jahre alte Gotteshaus als "Siedlung en miniature", die sich wie eine Skulptur in das bestehende Dorf und in die Landschaft eingliederte. Von Anfang an war klar, dass das kompromisslos moderne Gesamtkunstwerk Bestandteil der mit Widmaiers Vortrag eröffneten Ausstellung "ZWÖLF" wird. Sie stellt bis Neujahr in St. Verena noch elf weitere katholische und evangelische Kirchenbauten aus der Nachkriegszeit in Baden-Württemberg vor.

Mitte der 1960-er Jahre besuchten im Schnitt über 750 Gläubige den Sonntagsgottesdienst, berichtete Gabriele Zehrer, gewählte Vorsitzende des Kirchengemeinderats, aus der Pfarrchronik. Aber nicht nur die räumliche Enge in dem 1866 geweihten neugotischen Vorgängerbau gab Ausschlag für den Abriss, sondern vor allem der baufällige Glockenturm. Dieser wurde nach Ostern 1967 gesprengt. Damit die neue Kirche bei dem instabilen Untergrund nicht dasselbe Schicksal erleidet, haben Architekt Hans Kammerer und Ingenieur Walter Belz "Betonkirche leicht gemacht". Denkmalpfleger Widmaier rechnete vor, wie sie durch eine besondere Betonsorte, eine Wanddicke von nur 30 Zentimetern und eine einfache Dachkonstruktion über ein Drittel des Baugewichts einsparten.

Die Welt im Blick

Dies ging aber keinesfalls zulasten der Qualität. Selbst die in die Wand integrierten Lautsprecher sind kunstvoll gestaltet und die Türen sowie das Profil der Bänke waren in Designhandbüchern der Zeit zu finden, erklärte Widmaier. Mit Franz Bucher, Emil Kiess, Wilfried Blecher und Hilde Broër schufen bedeutende Künstler ein Gesamtwerk. Ausbruch aus der alten Formensprache, unendliche Möglichkeiten durch neue Bautechniken, Öffnung der katholischen Kirche zur Welt hin im Zweiten Vatikanischen Konzil und die Landung der ersten Menschen auf dem Mond - diese Offenheit und Weite jener Zeit spiegelt laut Widmaier auch St. Verena wider. Bodentiefe Fenster und gläserne Vitrinen lenken den Blick nach draußen.

Auch wenn die Pfarrchronik Zeitgenossen erwähnt, denen es "die alte Kirche auch getan" hätte, standen die meisten hinter dem modernen Bau. Pfarrer Joachim Guntram übernahm 1964 im Alter von 32 Jahren die Gemeinde und veranstaltete wenige Wochen später den ersten Bazar für die neue Kirche - ein Begriff, der bisher in Kehlen unbekannt war. Er organisierte Kulturreisen, holte bedeutende Künstler ins Dorf und führte Jugendgottesdienste ein. In dieser Aufbruchstimmung gelang es nach dem Bericht von Kirchengemeinderätin Zehrer dem beliebten Seelsorger, nicht nur die 400.000 Mark Eigenmittel aufzubringen, sondern auch eine hohe Akzeptanz zu erreichen.

Stolz und Bewunderung

Einige Mitfeiernde der Kirchenweihe am 19. Oktober 1968 waren unter den etwa 80 Besuchern der Ausstellungseröffnung. Pfarrer Josef Scherer begrüßte sie zu Beginn und dankte allen Organisatoren. Die Gemeinde sei stolz auf ihr Gotteshaus und habe dem Landesdenkmalamt sofort die Teilnahme an "ZWÖLF" zugesagt. "Ich habe diese Kirche lieb gewonnen", bekannte der Seelsorger für sich persönlich. Bürgermeisterin Elisabeth Kugel hat es besonders die Lebendigkeit des dreidimensionalen abstrakten Altarbilds angetan. In ihrem Grußwort bewunderte sie den Mut von damals und sagte weitere Unterstützung der Gemeinde zu. Musikalisch umrahmte Patrick Brugger die Feier mit Orgelwerken zu den Adventsliedern "Wachet auf" und "Tochter Zion".

Die Ausstellung ist bis Mittwoch, 1. Januar 2020, zu besichtigen. Die Kirche und die Ausstellung sind täglich von 8 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

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